Höflichkeit hat seine Grenzen

Ich will nicht behaupten, dass etwas falsch daran wäre, wenn wir uns von unserer besten Seite zeigen. Jede Freude, die wir jemand bereiten, kann wertvoll sein.
Genauso gehört es zum Respekt gegenüber anderen Menschen, dass wir uns schön kleiden, wenn wir sie zu einem bestimmten Anlass treffen und nicht zerlumpt und ungewaschen erscheinen.

Ich halte es auch nicht für verlogen, wenn wir unsere Mitmenschen nicht auf ihre schlechten Eigenschaften ansprechen und mutwillig Grenzen der jeweiligen Beziehung übertreten. Hier in Österreich bleiben wir höflich, charmant und geduldig mit anderen Menschen und gehen davon aus, dass das Karma immer einen Weg finden wird, um den anderen auf seine Fehler hinzuweisen.

Das wahre Gesicht

Das wahre Gesicht von Menschen sehen wir erst, wenn wir jeden Tag mit ihnen zu tun haben und in irgendeiner Weise aufeinander angewiesen sind. Sobald ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis und Nähe entstehen, also Macht in die persönliche Beziehung ins Spiel kommt, treten die Schattenseiten der Menschen hervor.
Solange es nur eine oberflächliche Freundschaft ist, in welcher ein jeder sein Leben leben kann, wie er es sich vorstellt, wird kaum ein charakterliches Problem unsere Beziehung erschüttern.

Wenn Menschen jedoch nach Erleuchtung streben, können sie auf Dauer sich selbst und anderen nichts mehr vormachen, denn der Erleuchtungsweg führt in die Wahrheit. Jede unserer Untugenden wird uns bewusst werden und sich gegen unsere Transformation aufbäumen. Ein Kampf mit unserem Ego entsteht.

Scheinheilige kommen auf dem Erleuchtungsweg nicht vorwärts. Menschen, die sich und anderen etwas vormachen, sind nicht spirituell, sondern materiell und eitel.

Der Guru, der Feind deines Ego

Ein Guru ist jemand, der alles Finstere in sich ausgemerzt und transformiert hat. Seine Bewusstheit und Reinheit erzeugen ein Licht, durch welches andere Menschen automatisch mit ihren Untugenden konfrontiert werden, die sie vor anderen Menschen verbergen wollen. Neben einem echten Guru kann man nicht scheinheilig seine Fehler verstecken. Die eigenen Charakterfehler erzeugen ein unangenehmes Gefühl in seiner Nähe. Wir können unser Selbstbild nicht mehr aufrecht erhalten, wenn es auf einer Lüge beruht. Unser Ego wird an die Wand gedrängt und beginnt um sich zu schlagen.

Die meisten Menschen verstehen nicht, dass niemand so bleiben kann wie er ist, wenn er nach Erleuchtung strebt. Aus einem Menschen muss ein göttliches Wesen werden. Jede niedere Eigenschaft muss in ihm vergehen. Neid, Eifersucht, Geiz, Stolz, Gier, Habsucht, Egoismus, Wut, Unbeherrschtheit, Ängste….. werden sterben müssen. Unter keinen Umständen dürfen diese Gefühle mehr in uns auftreten, weil wir ihnen den Nährboden dazu entzogen haben.

Glauben Sie mir, sie werden auf diesem Weg schonungslos mit allen ihren Fehlern konfrontiert werden. Ob Eifersucht, Stolz oder Gier. Alle Untugenden, die sich bei uns im Laufe unserer Existenzgeschichte eingenistet haben, werden uns bewusst werden und müssen transformiert werden, sodass sie nicht mehr in uns existieren. Es bleibt ein reiner heiliger Mensch über, der durch nichts mehr aus dem Gleichgewicht zu bringen ist.

Deswegen treffen wir früher oder später alle auf einen verwirklichten spirituellen Meister, wenn wir tatsächlich auf dem Erleuchtungsweg vorwärts schreiten. Er wird auf unserem Weg erscheinen, weil wir uns Gott annähern. Niemand kann ein Meister werden, der nicht selbst dem großen Meister begegnet ist.

Ebenso werden wir aber auch allen unseren Feinden aus früheren Inkarnationen auf diesem Weg begegnen, denn sie sind eine karmische äußere Manifestation unserer Untugenden.

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Christi Versuchung